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Klimawandel

Montag, 26.10.2009

El Niño und Erdklima

Großer Anteil an Erderwärmung?

Das Wetterphänomen El Niño hat sich zurückgemeldet. Erste Hinweise darauf ergaben sich aus den Wassertemperaturen im tropischen Pazifik seit dem späten Frühling. Mittlerweile wird offiziell von einem El Niño Ereignis gesprochen. Derzeit liegen die Wassertemperaturen im Umfeld des Äquators großflächig deutlich über den langjährigen Durchschnittswerten. Betroffen ist ein mehr als 5000 Kilometer langer Gürtel etwa zwischen den Gilbert Inseln im Westen und der Westküste Kolumbiens im Osten.

Mit El Niño, übersetzt: "Das Christkind", verbunden ist eine großflächige Veränderung oder gar eine Umkehr der üblichen Muster der Meeresströmungen im Pazifik. In El Niño-Phasen strömt warmes Wasser an der Oberfläche des tropischen Pazifiks nach Osten. Dies führt dazu, dass es in seinem östlichem Teil überdurchschnittlich warm wird. Dies geschieht häufig um die Weihnachtszeit herum, daher auch der Name.

Aktuelle Wassertemperaturabweichungen im Pazifik

Bildquelle: http://www.osdpd.noaa.gov/ml/ocean/sst/contour.html - Rote Farbtöne kennzeichnen überdurchschnittliche Wassertemperaturen.

Zum Jahreswechsel 1997/1998 hatte der intensivste El Niño seit mindestens 130 Jahren zahlreiche Wetterextreme ausgelöst, am stärksten von Naturkatastrophen betroffen war Südamerika. Die auch "Enso" (El Niño und Südliche Oszillation) genannte Schwingung hat Auswirkungen auf die Großwetterlagen weltweit. So ruft sie unter anderem über dem tropischen Atlantik Luftströmungen hervor, welche dort, vereinfacht gesagt, der Bildung starker Wirbelstürme entgegenwirken. Hurrikane bilden sich bevorzugt in einer windschwachen Umgebung.

Tatsächlich ist die atlantische Hurrikansaison in diesem Jahr bislang außergewöhnlich ruhig ausgefallen. Etwa ein Jahr nach einem El Niño Ereignis schwappt das warme Pazifikwasser zurück nach Westen. In der Folge stellt sich ein Ausgleichsphänomen, genannt "La Niña" ein. Derartige Zyklen sind nicht neu und lassen sich durch indirekte Schlüsse geschichtlich weit zurückverfolgen. Sie wiederholen sich mit sehr variabler Intensität in der Regel alle zwei bis acht Jahre.

Verlauf des Southern Oscillation Index seit dem Jahr 2000

Bildquelle: NOAA - Seit 2008 dominieren wieder positive Werte.

Die Klimaforschung geht seit langem von einem Zusammenhang zwischen El Niño und Erdmitteltemperaturen aus. So herrscht mittlerweile eine weitgehende Einigkeit darüber, dass die sehr hohen Temperaturen des global gesehen wärmsten Jahres 1998 vom vorausgegangenen starken El Niño auf die Spitze getrieben worden waren. Bislang überwog allerdings die Meinung, die Temperatur- und Strömungsverhältnisse im Pazifik unterstützen lediglich den vom Menschen verursachten Trend von Fall zu Fall noch etwas nach oben.

Forscher aus Australien und Neuseeland meinen jetzt, eine noch weitergehende Koppelung der Enso-Schwingung mit dem Weltklima erkannt zu haben. Experten um R. M. Carter von der James-Cook-Universität in Australien veröffentlichten im Sommer im "Journal of Geophysical Research" eine Untersuchung zu den vergangenen und messtechnisch bereits recht gut erfassten 50 Jahren. Ihr Kernergebnis: Je stärker der jeweilige El Niño war, desto deutlicher stieg in der Folge auch stets die globale Temperatur an.

Profil der Wassertemperaturen im tropischen Pazifik

Bildquelle: NOAA - Im Westteil des tropischen Pazifiks werden sogar noch bis in Tiefen von 100 Meter Wassertemperaturen um 27 Grad gemessen.

Die Wissenschaftler gehen so weit, zu postulieren, dass etwa 70 Prozent der zuletzt beobachteten globalen Erwärmung auf die zurückliegende El Niño-Tätigkeit zurückzuführen ist. Der Ursache-Wirkungs-Mechanismus sei anhand der vorliegenden Zeitreihen offenkundig: Regelmäßig etwa 6 Monate nach einem El Niño habe sich, entsprechend seiner Stärke die passende Veränderung der globalen Temperaturen ergeben. Blieben El Niño-Ereignisse über einen längeren Zeitraum aus, so soll dies zu einem Sinken der globalen Mitteltemperatur geführt haben.

Die Gruppe um R. M. Carter vertritt daher die Ansicht, dass "... natürliche Kräfte in Verbindung mit Enso die Hauptursachen für die Variabilität und vielleicht auch für die neuesten Trends bei der globalen Temperatur sind – ein Zusammenhang, der in den Klimamodellen nicht berücksichtigt ist." Tatsächlich war die Enso-Aktivität seit dem Jahr 2000 eher schwach ausgeprägt und zeigte der Temperatur-Trend im laufenden Jahrzehnt gleichzeitig nicht mehr so eindeutig nach oben wie zuvor.

Weltweite Temperaturtrends zwischen 1976 und 2000

Bildquelle: IPCC - Rote Punkte stehen für überdurchschnittlich hohe Temperaturen. Sie dominieren in diesem Zeitraum massiv.

Die hier grob angerissene Studie der australischen Forscher bedeutet ein weiteres Steinchen im Puzzle der Klimaforschung, das auf Laien mitunter auch wie ein Verwirrspiel wirken kann. So gibt es auf die hinter der Studie liegende Kernfrage "Welche energetischen Muster treiben denn überhaupt die fraglos bedeutsame Enso-Aktivität an?" bislang kaum eindeutig belegbare Antworten.

Während einige Wissenschaftler natürliche Schwankungen der kosmischen Strahlung als Hauptantriebskraft für die Schwingungen im pazifischen Ozean anführen, existiert auf der anderen Seite die These, der anthropogen verursachte Treibhauseffekt könne seinerseits die El Niño-Ereignisse verstärkt haben und ihnen auch in der Zukunft zusätzliche Energie zuführen.

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