Im hohen Norden, umspült von Ostsee und Bodden, liegt zwischen den beiden Hansestädten Rostock und Stralsund die rund 45 Kilometer lange Halbinsel Fischland-Darß-Zingst. Bekannt ist die Region nicht nur für ihre raue Schönheit, sondern auch für ihre maritime Vergangenheit und ihre gelebten Traditionen.
Zu den Markenzeichen der Halbinsel gehören die Zeesenboote, auf Plattdeutsch „Zeesboote“, deren rotbraune Segel einen kräftigen Schuss Farbe in die Vorpommersche Naturkulisse zaubern. Bei einem Törn auf den alten Schätzen weht Besuchern eine frische Brise, aber auch der Duft der Vergangenheit um die Nase.
Robuster Charme und das gewisse Etwas
Die Familie Eymael aus Wustrow gehört zu den Liebhabern der alten Boote. Vater Peter und Sohn Jochen bieten Gästen auf ihren Booten „Butt“ und „Bill“ die Möglichkeit, das besondere Flair der Küstengewässer der Region an Bord zu erleben. - Bild: TMV/Tiemann
Die Zeesboote, die von Mai bis Oktober von den Boddenhäfen Dierhagen, Wustrow, Althagen oder Zingst in See stechen, fallen sofort ins Auge. Mit ihren rotbraunen Segeln wirken sie, als hätten sie ihren weißen Sonntagsanzug aus- und ihre Arbeitskleidung angezogen. Gewissermaßen haben sie das auch, denn es ist noch nicht allzu lange her, dass mit den prächtigen Booten Fischfang betrieben wurde.
Im Laufe der Jahre haben sich die Zeesboote zu echten Hinguckern auf den Gewässern der Boddenlandschaft entwickelt und sind aus Vorpommern nicht mehr wegzudenken. Dabei geht ihr robuster Charme mit einer gewissen Extravaganz einher. Modische Gründe hatte die charakteristische Färbung der Segel allerdings nie. Im Gegenteil: Sie war praktisch. Die Fischer imprägnierten das Tuch zum Schutz vor Feuchtigkeit mit Ockerfarbe, Holzteer, Lebertran, Gerblauge aus Eichenrinde und Rindertalg, um es haltbarer zu machen.
Schon gewusst?
Erst 2018 wurde die „Bewahrung und Nutzung der Zeesboote in der Mecklenburgisch-Vorpommerschen Boddenlandschaft“ in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.
Ein Gruß aus der Vergangenheit
Heute gibt es noch rund 100 Zeesboote in den Küstengewässern auf Fischland-Darß-Zingst. - Bild: TMV/Tiemann
Nach ihrer Blütezeit im 18. und 19. Jahrhundert endete der Einsatz der Zeesboote in den 1970er Jahren endgültig. Heute sind aus den einstigen „Nutzfahrzeugen“ Liebhaberstücke geworden, die von ihren Besitzern hingebungsvoll gepflegt werden und die beliebten Regatten der Halbinsel bereichern. Zu verdanken ist dies einigen Pionieren, die im Jahr 1965 eine Regatta mit den Zeesbooten ins Leben riefen. Viele schon fast in Vergessenheit geratene Exemplare wurden in der Folge liebevoll restauriert und kehrten nach und nach in die Boddenhäfen zurück.
Neben den Boddenhäfen bietet die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst lebendige Orte, die ihre Traditionen leben, authentische Bewohner, jahrhundertealtes Handwerk, maritimes Flair und eine einzigartige Naturlandschaft. Mehr Inspirationen für einen Ostseeurlaub auf Fischland-Darß-Zingst finden Sie hier.
Der Tradition verbunden
Die Zeesbootregatten auf Fischland-Darß-Zingst sind eine lieb gewonnene Tradition. Jedes Jahr aufs Neue senden Hunderte rotbraune Segel farbenfrohe Grüße aus der Schifffahrtsgeschichte auf dem Bodden. Der Saisonstart für die insgesamt sechs Zeesbootregatten der Region wird im Juni beim Hafenfest in Zingst gefeiert.
Schon gewusst?
Der Name „Zeesboot“ oder „Zeesenboot“ geht auf die Bezeichnung für das Fangnetz, die sogenannte „Zeese“, zurück. Beim Fischfang segelten die Fischer quer zum Wind und zogen dabei das Netz hinter sich her. Der Tiefgang der Boote beträgt häufig weniger als einen Meter, die Rumpflängen schwanken zwischen sieben und zwölf Metern.
Die Boddenhäfen: Ankerplätze für Herz und Seele
Die Marina im Hafen von Dierhagen ist Ankerplatz für einige der alten und restaurierten Zeesboote. Bei einem Spaziergang durch den Hafen des Ostseebades können Besucher diese bewundern. - Bild: TMV/Tiemann
Mit maritimem Flair, kulinarischen und kulturellen Angeboten sowie gelebter Tradition laden auch die anderen Häfen rund um die Halbinsel zum Entspannen und Entdecken ein.
So bekommen es Besucher am Hafen und Wasserwanderrastplatz Dierhagen und Wasserwanderrastplatz, der direkt neben einem Surferstrand liegt, mit so manchem „Original“ zu tun. Wer schon frühmorgens kommt, kann miterleben, wie der Tag erwacht, die Fischer ihren fangfrischen Fisch anlanden und die Einheimischen am Hafen ihren Klönschnack halten. Leckere Fischbrötchen gibt es natürlich auch – und zwar direkt vom Kutter.
Einen Hauch von Nostalgie verströmt der Hafen Althagen im Ostseebad Ahrenshoop. Alte Holzboote und bunte Bootshäuser bilden ein pittoreskes Ensemble. Am besten lässt sich das Treiben dort bei frischem Räucherfisch und einem vor Ort gebrauten Bier genießen.
Viel Komfort, frische Fischspezialitäten und eine weitläufige maritime Atmosphäre bietet der Ribnitzer Hafen, während im kleinen Heimathafen in Wiek am Darß eine Badestelle sowie ein großzügiger Grillplatz zum Verweilen einladen. Ganz in der Nähe gelegen, bietet der Borner Hafen Wassersportlern auf 35 Liegeplätzen ein lauschiges Plätzchen in der Sommeridylle des Darßes.
Der Hafen in Prerow ist ein ausgezeichneter Wasserwanderrastplatz und achtet seit mehr als 23 Jahren auf besonders umweltfreundliche Anlegestellen. Wer auf der Suche nach einer modernen Marina und Stadtnähe ist, wird im Barther Stadthafen fündig. Hier vereint sich am Südufer des Boddens Erholung mit Kultur.
Zeesboot ahoi!
Als Segel-Passagier können Urlauber die malerische Sommeridylle auf Fischland-Darß-Zingst zwischen Juni und September erleben. - Bild: TMV/Tiemann
Gäste können in der Sommersaison Passagiere auf einem Zeesboot werden oder die Traditionssegler unter Anleitung selbst durch Wind und Wellen manövrieren. Auf einer Entdeckungstour entlang der Boddenküste lassen sich Wassersport und das Eintauchen in die Schifffahrtsgeschichte perfekt kombinieren, denn wenn die schönen Holzboote mit ihren stolz geblähten Segeln über das Wasser gleiten, verschmelzen Vergangenheit und Gegenwart.
Sie können es nicht abwarten, Sonne, Wind und Wellen in einer einzigartigen Naturkulisse zu erleben? Dann auf nach Fischland-Darß-Zingst! Auf der Seite des Tourismusverbandes finden Sie weitere Tipps und Informationen über das Segeln in Mecklenburg-Vorpommern.