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Winter 1978/79 - Spezial

Chronik eines Kaltwinters

Entwicklung der Schneesturmlagen

Der Winter 1978/79 hatte mit einem Paukenschlag begonnen: Ende November bescherte ein Tief über Nordosteuropa einen ersten Wintereinbruch, dem Anfang Dezember trockenkaltes Wetter mit strengen Nachtfrösten folgte. Die zugehörige Großwetterlage sollte sich als äußerst hartnäckig erweisen.

Als es Anfang Dezember 1978 erstmals kalt wurde, ahnte noch niemand, dass ein Winter der Superlative bevorstehen würde. Bild: dpa

Als am 8. Dezember nach einer gut einwöchigen Frostperiode milde Atlantikluft auf die bodennahe Frostluft aufglitt, kam es in weiten Teilen Deutschlands zu teils extremem Glatteisregen. Beim ersten großen Wintergefecht setzte sich die milde Luft nur sehr zögernd gegen die zähe Kaltluftmasse durch. Schon zur Monatsmitte drehte der Wind wieder auf Nord und wehte erneut Polarluft heran. Sie brachte weiten Landesteilen eine neue Packung Schnee und leichten Frost.

Extremes Glatteis durch Eisregen

Fällt Regen aus einer milden Luftschicht in der Höhe in bodennah noch frostige Luft oder auf noch gefrorenen Boden bildet sich gefährliches Glatteis.

Der nächste Anlauf milderer Luft kam mit atlantischen Tiefausläufern pünktlich zu Weihnachten. Von Südwest nach Nordost wich der Winter zurück und anfängliche Schneefälle gingen bis in die Gipfellagen der Mittelgebirge in Regen über. Die aus dem Seegebiet um die Azoren stammende Luft brachte viel Regen, stürmischen Wind und Temperaturen bis über plus 10 Grad mit. In den Alpen setzte sich bis in Höhenlagen über 2000 Meter Tauwetter durch. Regen und Schneeschmelze ließen im Süden "zwischen den Jahren" zahlreiche Flüsse über die Ufer treten.

Doch dann schlug der Winter machtvoll zurück: Die milde Atlantikluft hatte es gerade mal bis nach Dänemark und zur südlichen Ostsee geschafft, als die Frostluft auch schon wieder südwärts zu drängen begann. Weil sie jedoch zunächst kaum gegen den stürmischen Südwestwind anzukommen vermochte, wich sie nach Westen hin aus und schwoll dabei ihrerseits zu einem ausgewachsenen Sturm an. Dabei zwang sie den vom Atlantik kommenden Sturmtiefs immer südlichere Zugbahnen auf, sodass diese nunmehr genau über Deutschland nach Osten zogen.

Der Schneesturm vom Jahreswechsel in Schleswig-Holstein

Meterhohe Schneeverwehungen legten den Verkehr auf der Autobahn A7 lahm. Hunderte blieben bei klirrender Kälte mit ihren Fahrzeugen in den Schneemassen stecken. Bild: Kai Greiser

Gleichzeitig schob sich die schwere Kaltluft am Boden unter die leichtere, rund 20 Grad wärmere Atlantikluft und gewann so Stück für Stück auch südwärts an Raum. Drei Tage verlief das Gerangel zwischen den gleich starken Gegenspielern nahezu unentschieden, wobei die Gewalt des Schneesturms im Norden immer mehr zunahm. Aber erst hinter einem letzten Sturmtief, das am Silvestertag über die Mitte Deutschlands nach Osten zog, wurde der Weg nach Süden frei und die Eisluft konnte bis zum Neujahrstag ganz Mitteleuropa fluten.

Nach dem mit Nachttemperaturen teils unter minus 25 Grad extrem kalten Jahresbeginn beruhigte sich die wetterlenkende Strömung langsam und die Temperaturen normalisierten sich wieder. Doch Anfang Februar regenerierte sich das alte Strömungsmuster noch einmal. Wieder fegte vom Atlantik subtropische Warmluft heran und abermals hielt der nordosteuropäische Kaltluftblock dagegen. Der Höhepunkt dieses dritten großen Wintergefechts traf Norddeutschland am 13. Februar 1979 in Gestalt des zweiten verheerenden Schneesturms dieses denkwürdigen Winters.

Lübeck an der Ostsee nach den Schneestürmen

Die vom Ostseehochwasser überflutete Obertrave in Lübeck ist von den Eis- und Schneemassen der beiden Winterstürme gezeichnet. Bild: Klaus aus Ratekau

Erst danach löste sich das so beherrschende atmosphärische Strömungsmuster der scharfen Gegensätze über Europa endgültig auf, aber auch im anschließenden Frühjahr stellten sich auch aufgrund der im Norden Deutschlands noch lange liegenden Schneemassen immer wieder nasskalte Witterungsphasen ein. Noch bis zum Mai zeugten dort die letzten Schneereste von dem so außergewöhnlichen und überaus arktisch geprägten Winterverlauf.

Lesen Sie weiter in unserem spannenden Augenzeugenbericht Mit der Bahn in den Schneesturm.

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