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Wetteranomalie im Pazifik - El Niño

El Niño

Wetteranomalie im Pazifik

Der El Nino sorgt für einen Wechsel der Wassertemperaturen im Ostpazifik.
Inhalt

El Niño ist eine Wetteranomalie im äquatorialen Pazifik, die in unregelmäßigen Abständen von etwa zwei bis sieben Jahren vor allem im Pazifik zwischen Südamerika und Indonesien auftritt. Dabei bringt sie die Atmosphäre und die Meeresströmungen in einigen Erdteilen durcheinander. Das hat weitreichende Folgen.

Was ist El Niño?

El Niño (spanisch: "der Junge, das Kind" in diesem Fall "das Christkind") ist ein Wetter- oder Klimaphänomen an der Westküste Südamerikas, das um die Weihnachtszeit in unregelmäßigen Abständen von zwei bis sieben Jahren vorkommt.

Dann ist das Wasser dort wärmer als im langjährigen Durchschnitt. Sowohl die ozeanischen als auch die atmosphärischen Strömungen zeigen ein anderes Muster als sonst.

Schon gewusst?

Von El Niño spricht man dann, wenn das Oberflächenwasser im zentralen Pazifik für drei aufeinanderfolgende Monate im Durchschnitt 0,5°C über dem langjährigen Mittel liegt.

Dabei ist festzustellen, dass es bei einem El-Niño-Ereignis zu einer Veränderung der Luftdruckverhältnisse kommt: Über Südostasien erhöht sich der Luftdruck, im zentralen Pazifik sinkt er. Dieser Unterschied bewirkt, dass die Passatwinde viel schwächer als sonst von Ost nach West wehen, zeitweise schlafen sie auch ganz ein. Die Passate gleichen den hohen Luftdruckunterschied aus.

Wie entsteht El Niño?

Der Pazifik ist grob gesagt wie eine unruhige Badewanne, in der das wärmere Wasser mal nach Westen, dann mal wieder nach Osten schwappt. Das hat Einfluss auf die Stärke der Verdunstung des Pazifikwassers, denn es verdunstet dementsprechend mal hier schneller und mal da langsamer. Dieses beeinflusst wiederum die atmosphärischen Zirkulationen, vor allem im pazifischen Raum.

Den dahinterstehenden Mechanismus haben Forscher und Forscherinnen bisher noch nicht vollständig geklärt.

Als gesichert gilt, dass der zugrundeliegende Mechanismus dann ausgelöst wird, wenn der tropische Ozean und die Atmosphäre wechselwirken. Noch nicht endgültig verstanden sind allerdings die Ursachen dieser Wechselwirkungen.

Der Normalzustand

In Jahren, in denen im äquatorialen Pazifik keine El-Niño-Bedingungen herrschen, wehen die Passatwinde nördlich des Äquators aus Nordosten, südlich davon aus Südosten. Der Südost-Passat treibt warmes oberflächennahes Wasser westwärts. Dann quillt an den Küsten von Peru, Ecuador und Nordchile kaltes, nährstoffreiches Wasser aus der Tiefe auf.

Grafik zeigt Normalzustand bei El NinoIm "Normalzustand" ziehen die Passatwinde (trade winds) auch die Meeresströmung mit. Südlich des Äquators wird der kalte Humboldtstrom an der südamerikanischen Westküste abgelenkt und zum Süd-Äquatorialstrom.

So wird der von Süden kommende Humboldtstrom, der kaltes, antarktisches und nährstoffreiches Wasser transportiert, entlang der Westküste Südamerikas nach Norden getrieben. Südlich des Äquators wird der Strom abgelenkt und zum Süd-Äquatorialstrom.

Dieser stete Druck in Richtung Westen führt dazu, dass sich der Meeresspiegel im Westpazifik vor Südostasien bis zu 60 Zentimeter höher als vor der Westküste Südamerikas befindet.

Der Auftrieb des Tiefenwassers an den Küsten Amerikas hält an, solange die Passatwinde in etwa gleicher Stärke wehen. Dieses 15 bis 20 Grad kalte Wasser schiebt sich immer mehr als eine Kaltwasserzunge in den mittleren Pazifik. Gleichzeitig erwärmt sich durch die Sonneneinstrahlung das Oberflächenwasser dann auf seinem weiteren Weg nach Westen, bis die Wassermassen vor Südostasien schließlich eine Temperatur von 26 bis 30 Grad erreichen.

Dieser Warmwasserkörper im Westpazifik reicht bis in eine Tiefe von rund 150 Metern und dehnt sich bis in Bereiche von etwa 15° Nord und Süd aus. Der Warmwasserkörper pendelt mit dem Sonnenstand über dem Äquator. Das Verteilungsmuster wird maßgeblich durch Winde beeinflusst.

Das warme Meer im Bereich des äquatorialen Westpazifiks sorgt dafür, dass viel Wasser verdunstet und dass sich somit viele Regenwolken bilden.Das warme Meer im Bereich des äquatorialen Westpazifiks sorgt dafür, dass viel Wasser verdunstet und sich somit viele Regenwolken bilden.

Das warme Wasser im Bereich Südostasiens verdampft, steigt als warme feuchte Luft auf und kühlt sich dort wieder ab. Wolken lassen dann immer wieder Regen zurück. Dagegen ist es an der Westküste Südamerikas sehr trocken.

Die Walker-Zelle über dem Pazifik

Die Temperaturunterschiede des Wassers haben auch einen Einfluss auf die Stärke der Druckgebiete. Hier spielt die nach dem Meteorologen Gilbert Walker benannte Walker-Zirkulation oder Walker-Zelle eine entscheidende Rolle. Angetrieben wird sie durch Luftdruckunterschiede im Westpazifik und im zentralen Pazifik.

Die Walkerzelle über dem Pazifik in "Normaljahren": Luftzirkulation von Indonesien nach Südamerika und zurückDie Walker-Zelle über dem Pazifik in "Normaljahren": Über dem indonesischen Archipel liegt ein Tief und feuchtwarme Luft steigt auf. In den höheren Luftschichten strömt diese abgetrocknet nach Osten und sinkt im Ostpazifik ab. Dort wird das Hoch verstärkt.

In der Regel liegt über dem westlichen Pazifik im Bereich Südost­asiens ein stabiles Tiefdruckgebiet und über dem zentralen Pazifik ein Hochdruckgebiet.

Über dem kälteren Wasser bleibt das Hoch stabil, da das kältere Wasser die unteren Luftschichten abkühlt und so ein Auf- und Absteigen der Luft weitestgehend unterbindet. Das liegt daran, dass kalte Luft schwerer und dichter ist als warme Luft.

Was ist ein Hoch? (Infografik)In einem Hochdruckgebiet sinken Luftmassen stark ab. Dabei erwärmt sich die Luft, sodass keine Kondensation und somit auch keine Wolkenbildung stattfinden kann. Bei einem Tief steigt die Luft dagegen auf, sie kühlt sich ab und Wolken bilden sich.

In Südostasien steigt über den höheren Wasseroberflächentemperaturen dagegen stetig warme und feuchte Luft auf, sodass das Tiefdruckgebiet stärker ausgeprägt ist.

Der Luftdruckunterschied zwischen Ostpazifik (hoher Luftdruck) und Südostasien (tiefer Luftdruck) führt dazu, dass in der unteren Troposphäre permanent Luftmassen gen Westen transportiert werden. Je stärker der Luftdruckunterschied ist, desto stärker ist diese östliche Strömung.

Passatzirkulation als SchemaDie Passatzirkulation ist der Teil der allgemeinen Zirkulation der Atmosphäre, der zwischen 30°nördlicher Breite und 30° südlicher Breite wirksam ist.

In der Höhe strömt dann die Luft als sogenannter Antipassat direkt nach Osten. Über dem südamerikanischen Kontinent sinkt die Luft schließlich ­wieder ab und strömt als Südost-Passat zurück gen Westen.

Da sich die Luftfeuchtigkeit bereits über Südostasien in starken Regenfällen entlädt, ist die Luft, die an der Westseite Südamerikas absinkt, sehr trocken.

Atacamawüste LuftbildDie Küsten von Peru und Nordchile sind vorwiegend im Einflussbereich des ostpazifischen Hochs. Deshalb ist es dort auch ausgesprochen trocken. Die Atacama, die trockenste aller Wüsten der Erde außerhalb der Polargebiete, ist eine der Wüsten an der Pazifikküste.

El-Niño-Phase

Bei einer El-Niño-Phase sieht das aber anders aus: Der Südost-Passat ist viel schwächer als gewöhnlich, sodass sich warmes und nährstoffarmes Wasser, das sich über dem westlichen Pazifik angestaut hat, über das kalte Wasser schiebt. Das nährstoffreiche Wasser aus der Tiefe kann somit nicht aufsteigen.

Das Zirkulationsmuster in der Atmosphäre verändert sich in unregelmäßigen Abständen dramatisch. In einem El-Niño-Jahr bricht das sonst stabile Sommerhoch vor Südamerika zusammen, weil sich durch die starke Sonneneinstrahlung die Luft erwärmen kann und aufsteigt.

In einem El-Nino-Jahr dreht sich die Walker-Zirkulation um. Westwinde stellen sich mehr und mehr an. Sie ziehen das warme Wasser mit nach Osten.In einem El-Niño-Jahr dreht sich die Walker-Zirkulation um. Die Passatwinde schwächen sich ab, Westwinde stellen sich mehr und mehr ein. Sie ziehen das warme Wasser mit nach Osten.

Das hat zur Folge, dass sich die Passatwinde und damit auch der Süd-Äquatorialstrom abschwächen. Mit dem schwachen Hoch vor der südamerikanischen Pazifikküste nimmt auch der Luftdruckunterschied zum Tief über Südostasien ab. Dadurch flauen die Passatwinde immer mehr ab.

Dies führt wiederum dazu, dass sich die Ost-West verlaufende Meeresströmung verlangsamt. Der Auftrieb von kaltem, nährstoffreichem Wasser aus der Tiefe an Südamerikas Pazifikküste wird ausgebremst.

Gleichzeitig beginnt das angestaute Wasser im äquatorialen Bereich Südostasiens Richtung Amerika zurückzufließen. Etwa nach drei Monaten, zur Weihnachtszeit, erreicht das warme Wasser die südamerikanische Westküste und im östlichen Teil des Pazifikbeckens sammelt es sich weiter an.

El Niño geht mit überdurchschnittlich hohen Temperaturen an der äquatorialen Meeresoberfläche einher.El Niño geht mit überdurchschnittlich hohen Temperaturen an der äquatorialen Meeresoberfläche einher. Die charakteristische Wärme ist auf der Karte an den roten Farben zu erkennen. - Bild: dpa

Zeitgleich erhöht sich der Luftdruck im südostasiatischen Raum. Im zentralen Pazifik sinkt er dagegen, weil gerade dort bedingt durch das wärmere Wasser dieses mehr verdunstet und aufsteigt. Mächtige regenbringende Cumulonimbus-Wolken transportieren die Wärme von der Erdoberfläche in die freie Atmosphäre.

Westwinde über dem Pazifik

Mit den abflauenden Passaten schwächt sich der Wassertransport von Ost nach West immer weiter ab. Es kann auch passieren, dass sich die Luftdruckverhältnisse im Pazifik umkehren, also hoher Luftdruck etabliert sich über Südostasien, niedriger Luftdruck dagegen über dem Zentralpazifik. Dementsprechend werden aus den Passatwinden warme Westwinde.

Über dem östlichen Pazifik steigt die Luft über dem wärmeren Wasser auf. Bei Indonesien sinkt die Luft großräumig ab.Das Wasser ist bei El Nino im Zentral- und Ostpazifik wärmer als im Durchschnitt. Überschwemmungen sind in Südamerika wahrscheinlicher als sonst. - Bild: NOAA Climate.gov

Die Regenfälle verstärken sich über mehrere Tausend Kilometer entlang des Äquators vom zentralen bis zum östlichen Pazifik. Dies ist vor allem in Peru und Chile zu beobachten. Außerdem steigen die Wasserhöhe und -temperatur ungewöhnlich an. Aufgrund des nährstoffarmen warmen Wassers gibt es vor Peru dann wesentlich weniger Fische als in normalen Jahren. Nicht selten ist ein großes Fischsterben zu beobachten.

In der Hochphase von El Nino 2017 kam es in Lima zu Überflutungen und Hochwasser.In der Hochphase von El Niño kann es an der Westküste Südamerikas sehr intensiv regnen. Überflutungen und Hochwasser, wie hier in Lima im Jahre 2017, können die Folgen sein. - Bild: dpa

Warum es zu dieser Umkehr des Luftdrucks kommt, ist trotz intensiver Forschung noch immer nicht geklärt.

Was ist die ENSO?

In der Klimawissenschaft wird statt El Niño der Begriff ENSO bevorzugt, der sich aus "El Niño" und "Southern Oscillation" zusammensetzt. Damit wird betont, dass dieses Wetterphänomen auf der Südhalbkugel auftritt und durch die Luftdruckschaukel zwischen Ost und West verursacht wird.

ENSO beschreibt das Zirkulationssystem von Ozean und Atmosphäre im Pazifik. Dabei findet El Niño im Ozean statt, während die Southern Oscillation in der Atmosphäre abläuft. Letztere gleicht einer Druckschaukel zwischen dem Hochdruckgebiet über dem Südostpazifik und dem Tiefdruckgebiet über Südostasien.

Sobald der Luftdruck über Indonesien steigt, fällt der Luftdruck im östlichen Pazifik. Demnach nimmt dann auch der Luftdruckunterschied zwischen diesen beiden Großregionen ab.

Theorien zur Entstehung von El Niño

Über die Ursachen des El-Niño-Phänomens wird immer noch spekuliert. Manche Forscher führen seine Entstehung auf die Sonneneruptionen zurück. Etwa alle elf Jahre verändern sich im Zuge des Sonnenzyklus die Form und Anzahl der Sonnenflecken. Diese gehen mit gewaltigen Entladungen an der Sonnenoberfläche einher.

Raumsonde TRACE beobachtet die Aktivität auf der Sonnenoberfläche. Die Raumsonde TRACE beobachtet die Aktivität auf der Sonnenoberfläche. - Bild: NASA/TRACE

Alle vier Jahre verändert sich dabei die Intensität dieser Eruptionen. Die dadurch abgestrahlte Energie nimmt einen Einfluss auf unser Klima. Wie stark dieser ist, bleibt aber umstritten.

Am Äquator ist die Sonneneinstrahlung am stärksten, weshalb dort die Meerestemperatur in der Regel im Oberflächenwasser auch vergleichsweise am wärmsten ist. Wenn durch eine rege Sonnenaktivität die Strahlung noch intensiver wird, dann erwärmt sich das Meer auch etwas stärker. Da sich wegen des Hochdruckgebiets über dem zentralen Pazifik kaum oder keine Wolken bilden, kann auch mehr Sonnenstrahlung "ungefiltert" auf die Meeresoberfläche treffen.

Der äquatoriale pazifische Ozean ist im Vergleich zu anderen Regionen dadurch stärker aufgewärmt. Durch diese unterschiedliche Erwärmung entsteht in der äquatorialen Region des Pazifiks eine relativ schmale Warmwasserzunge.

Warmwasserzunge entlang des ÄquatorsEine schmale Warmwasserzunge erstreckt sich am Äquator. - Bild: NOAA climate.gov

Die Passate treiben das Wasser allmählich nach Westen. Wann genau der Kipppunkt einsetzt, dass das warme Wasser wieder zum östlichen Pazifik zurückschwappt und El Niño somit beginnt, ist noch Gegenstand der Forschung.

Lässt sich El Niño vorhersagen?

In den vergangenen Jahrzehnten haben Forscher die Zusammenhänge zwischen El Niño und den globalen Folgen immer besser verstanden. Der erste Versuch, einen El Niño vorherzusagen, wurde 1974 von Bill Quinn von der Oregon State University und Klaus Wyrtki von der University of Hawaii unternommen. Anlass war das El-Niño-Ereignis von 1972-73, das einen Zusammenbruch der peruanischen Sardellenfischerei hervorrief. Ihre Hoffnung war es, ein zuverlässiges Prognoseverfahren zu entwickeln.

Bei den nachfolgenden El-Niño-Ereignissen in den Jahren 1982-83 und 1986-87 wurden nach und nach die Wassertemperaturen und Druckwerte, die für ENSO entscheidend sind, beobachtet und mit ersten Klimamodellen experimentiert.

Unter anderem haben schnelle Computer, optimierte Datenanalysen sowie ein gesteigertes Verständnis der physikalischen Vorgänge des tropischen Ozeans und der tropischen Atmosphäre die Vorhersagbarkeit von ENSO-Ereignissen in den letzten Jahren deutlich verbessert. Inzwischen ist eine Vorwarnzeit von bis zu zwölf Monaten möglich. Vor einem El Niño gibt es oft verräterische Signale, die besonders ein Messnetz aus Bojen anzeigt. Diese sind innerhalb eines breiten Gürtels längs des Äquators installiert. An den Ankerketten befestigte Sensoren messen die Temperatur und Strömung in unterschiedlichen Wassertiefen.

Über der Wasseroberfläche werden Lufttemperatur und Luftbewegungen registriert. Die Daten werden zu Satelliten gefunkt und dann den Wissenschaftlern weltweit zur Verfügung gestellt. Im Abstand von mehreren Tagen holen sie einen Datensatz aus dem Internet, um El Niño simulieren zu können.

Bereits ein Jahr im Voraus lässt sich Alarm schlagen, sofern eine Temperaturschwelle überschritten wird. Die Prognose sagt allerdings nichts über die Auswirkungen eines El Niños an einzelnen Orten, sondern lediglich sein Eintreten anhand eines Stärke-Index vorher. Dennoch sind die Grenzen der Vorhersagbarkeit weiterhin Gegenstand intensiver Diskussion.

Wie wirkt sich El Niño aus?

Nicht jedes El-Niño-Ereignis hat die gleiche Stärke und damit denselben Einfluss auf andere Wettersysteme. Letztendlich spielen hier die Wassertemperaturen eine entscheidende Rolle. So war die oberflächennahe Wassertemperatur im Sommer 2015 im Pazifik vor Nordamerika, im Indischen Ozean und im subtropischen Atlantik auf der Nordhalbkugel höher als 1997.

In den Jahren 2015/16 machte El Niño weltweit Schlagzeilen mit Überschwemmungen, schweren Dürren und Waldbränden.

Im Fall von El Niño befindet sich das wärmere Wasser im zentralen und östlichen Pazifik. Dies setzt eine Kette von atmosphärischen Prozessen in Gang, die sich nicht nur auf den Pazifik, sondern auch auf die anderen Erdteile auswirken können.

Äquatornahe Pazifikregion

Am meisten sind unmittelbar die an den Pazifik grenzenden Regionen betroffen. Bei El Niño nimmt die Gefahr schwerer Unwetter an den Küsten Südamerikas deutlich zu. Denn durch die höhere oberflächennahe Wassertemperatur kann mehr Wasser verdunsten.

Es bilden sich mächtige Cumulonimbus-Wolken, die sich in heftigen Regenfällen über Chile und Peru entladen. Die bis zur Tropopause hochreichenden Wolkentürme setzen bei der Kondensation überschüssige Wärme frei. Diese breitet sich in der höheren Troposphäre ost- und west-, sowie polwärts aus.

Auf der anderen Seite des Pazifiks im Bereich von Indonesien verursachen die absteigenden Luftmassen und das entstandene Hochdruckgebiet über der Meeresoberfläche für ein Ausbleiben der üblichen Niederschläge. Dies kann Dürren sowie Waldbrände nach sich ziehen.

Einfluss auf atmosphärische Zirkulation

Als atmosphärische Zirkulation bezeichnet man alle großräumigen Luftbewegungen in der Atmosphäre. Die freigesetzte Wärme in der mittleren und oberen Troposphäre bringt die atmosphärischen Zirkulationen verstärkt in Bewegung. Durch den stärkeren Wärmetransport nimmt der Temperaturkontrast zwischen den Polen und den Äquatorregionen weiter zu.

Dadurch werden atmosphärische Zirkulationen beispielsweise in ihrer Ausdehnung, ihrer Bahn oder Geschwindigkeit gestört oder verstärkt. Insbesondere betrifft dies den Subtropenjet oder auch den polaren Jetstream.

Die stärkere Konvektion durch El Niño intensiviert die Hadley-Zirkulation im Bereich des östlichen Pazifiks, die die freigesetzte Energie in der oberen Troposphäre polwärts verteilt.

Hadley-Zelle innerhalb der planetarischen ZirkulationEl Niño beeinflusst die Mächtigkeit der Hadley-Zelle. Während der Hochphase ist diese Zirkulation auf der Nordhalbkugel in den unteren Bereichen schmaler.

Folglich erwärmt sich die obere Troposphäre in rund 15 Kilometern Höhe bis in die Subtropen beider Hemisphären hinein. Dies wiederum verstärkt den Temperaturgegensatz an der planetarischen Frontalzone, der Übergangszone zwischen warmer tropischer Luft und kalter Polarluft in der Troposphäre, bei etwa 30° Nord sowie 30° Süd und damit auch den Subtropenjet.

Hadley-Zelle auf der Südhalbkugel

Außerdem haben Forscher herausgefunden, dass die Hadley-Zirkulation viel variabler wird. So ist die Hadley-Zelle auf der Südhalbkugel während der El-Niño-Phase nicht so ausgedehnt wie im "Normalzustand". Dass bedeutet auch, dass die absteigenden Bereiche der Zelle mit absinkenden Luftmassen etwas näher zum Äquator liegen. Der Subtropenjet verschiebt sich demnach äquatorwärts, folglich sind die subtropischen Hochdruckgebiete näher am Äquator.

Hadley-Zelle auf der Nordhalbkugel

Komplizierter sieht es in der nördlichen Hemisphäre aus. El Niño führt dazu, dass die Hadley-Zelle in der mittleren und unteren Troposphäre zusammenschrumpft, während sie sich in der oberen Troposphäre ausdehnt.

Wie beeinflusst El Nino den Jetstream? (Infografik)Durch ein El-Niño-Ereignis wärmeres Wasser verstärkt die Hadley-Zelle. Infolgedessen wird der Temperaturgegensatz an der tropischen Frontalzone größer und auch der Jetstream verstärkt sich.

Die Hadley-Zelle im östlichen Pazifik während der Hochphase von El Niño:

  • Die Luft steigt in der tropischen Region auf,

  • fließt in der oberen Troposphäre nach Norden,

  • in den mittleren Breiten sinkt sie etwa schon in der mittleren Troposphäre ab und strömt zu den Tropen zurück.

  • Die Passatinversion befindet sich in der mittleren Troposphäre. Das bedeutet, dass die absinkenden Luftströmungen nicht den Boden erreichen.

Der Subtropenjet im Bereich des Pazifiks ist wegen des Temperaturgegensatzes in der oberen Troposphäre ebenfalls stark ausgeprägt und äquatorwärts verschoben. In seinem Bereich kommt es zu starken Absinkbewegungen der Luft, wodurch die Hochdruckgebiete etwa zwischen 15° und 20° Nord kräftiger als sonst ausgebildet sind.

Dies kann Dürren im südlichen Teil Mittelamerikas und im Nordosten Brasiliens begünstigen. Auch im Amazonasregenwald fällt in manchen El-Niño-Jahren weniger Regen als sonst.

Einfluss auf den Jetstream

Inwieweit der Jetstream in seiner Stärke und Zugbahn gestört wird, ist bisher noch nicht vollständig geklärt. Es gibt zwar Studien dazu, doch diese widersprechen sich.

Ein stärkerer Subtropenjet, den El Niño induzieren kann, beeinflusst auch die Tiefdruckwirbel der mittleren Breiten und bewirkt darüber hinaus eine geringfügige Abkühlung der Troposphäre zwischen 30° und 60° nördlicher Breite. Dies beeinflusst damit auch die Sturmbahnen der mittleren Breiten im nordpazifischen Bereich und über dem nordamerikanischen Kontinent.

El Nino beeinflusst den Jet über den USAEl Niño bewirkt, dass sich der Jetstream nach Süden verlagert und sich weiter nach Osten ausbreitet. Im Winter führt dies im Süden der USA zu mehr Niederschlag als üblich. Im Norden ist es meistens wärmer und trockener als im Klimamittel - Bild: NOAA Climate.gov

So kann es passieren, dass sich über dem Nordpazifik das Alëuten-Tiefdruck-System verstärkt, einem Pendant zum Islandtief. Außerdem verlagert es sich nach Südosten Richtung US-Pazifikküste. Das Alëutentief schaufelt die warme Meeresluft regelrecht nach Nordamerika. Besonders in den westlichen und südlichen Landesteilen regnet es dann mehr als im Durchschnitt.

Bei einem starken El Niño verlaufen die Wintermonate über den südlichen USA nasser und kühler. Auch Kalifornien bekommt mehr Niederschläge als im langjährigen Durchschnitt ab.

Begünstigt wird die Tiefdruckentwicklung auch durch das wärmere Wasser im östlichen Nordpazifik, das El Niño teilweise auch dorthin schiebt. Dieses breitet sich durch Meeresströmungen nordostwärts aus.

Mit der Verlagerung des Jets nach Süden wird dagegen der pazifische Nordwesten immer trockener, weil die tropische Feuchtigkeit in den Süden der Region verlagert wird.

Einfluss auf Europa

Ob sich das veränderte Wettermuster in Nordamerika durch ENSO auch in Europa durchpaust, ist noch Gegenstand der Forschung. Sicher ist, dass die von Nord nach Süd verlaufenden Rocky Mountains eine Art Barriere für Luftströmungen darstellen.

Ist der pazifische Ast des Jetstreams stark ausgeprägt, dann werden die Luftmassen an den Rocky Mountains stärker als in Normaljahren zusammengedrückt. Der Westwind kann um die Gebirge nicht herum, sondern muss darüber hinwegfegen. Dadurch erhöht sich seine Geschwindigkeit und durch das beginnende Mäandrieren des Jestreams können weitere Wirbel östlich der Rocky Mountains entstehen.

Der Höhenwind kommt ins Schlingern, die daraus hervorgehenden so genannten Rossby-Wellen bewegen sich dann mitunter langsamer als normal über den Himmel. Je mehr Rossby-Wellen sich ausbilden, desto langsamer verlagern sich jedoch die Tröge und Rücken von West nach Ost. Schlimmstenfalls kommen sie zum Stehen und sorgen in den jeweiligen Regionen für einen Witterungsabschnitt, der sich wochenlang kaum ändert.

Inwieweit bei El-Niño-Phasen das Wetter in Europa dadurch beeinflusst wird, ist allerdings in keiner Studie eindeutig belegt.

El Niño und Winter in Mitteleuropa

Inwiefern ein starker El Niño Einfluss auf den Verlauf des Winters in Europa nimmt, lässt sich nicht genau sagen. Dazu gibt es widersprüchliche Studien.

Während des Rekord-El-Niños 1997/98 gab es in weiten Teilen Europas einen sehr milden Winter. Grund dafür war eine ungewöhnliche Anomalie des Jetstreams. Dieser spaltete sich in zwei Ströme auf. Einer zog nördlich von Großbritannien bis nach Skandinavien, ein zweiter über das Mittelmeer hinweg. Die Höhenstürme dirigierten feuchte, milde Luft vom Atlantik und aus den Tropen nach Europa und verhinderten, dass die frostige Kälte Russlands nach Westen vordringen konnte.

Ähnlich sah das Jetstream-Muster im Winter 2015/16 aus. Er war einer der wärmsten Winter seit Aufzeichnungsbeginn hinter dem Mildwinter 2006/07.

Allerdings spielten auch andere Faktoren eine Rolle, dass die Wintermonate ungewöhnlich mild ausfielen, wie beispielsweise die Sonnenaktivität und die Wassertemperaturen im Nordatlantik. Beim Super-El-Niño 1997/98 war die Sonnenaktivität sehr hoch, im Jahre 2015 dagegen niedrig.

Dafür war der Nordatlantik ungewöhnlich kalt, was die Tiefdrucktätigkeit zumindest im Dezember hemmte. Forscher nahmen damals an, dass der seit Monaten relativ kalte Nordatlantik den Golfstrom abschwäche. Doch in Deutschland ging der Dezember 2015 als wärmster seit Messbeginn im Jahr 1881 in die Geschichte ein.

Die Zusammenhänge zwischen El Niño und dem Winterverlauf in Mitteleuropa können rein zufällig sein. Die wetterstatistischen Belege dafür sind zu dünn.

Einfluss auf Hurrikane

Eine Grundvoraussetzung, damit tropische Wirbelstürme überhaupt entstehen können, ist neben den hohen Wassertemperaturen eine schwache Windscherung. Damit ist gemeint, dass der Wind mit der Höhe nicht wesentlich stärker wird und dabei nicht seine Richtung ändern sollte.

Bei El-Niño-Ereignissen steigen die Wassertemperaturen im Pazifik an. Die Luftmassen steigen in diesem Gebiet großräumig auf. In höheren Schichten der Troposphäre strömen sie auseinander, also Richtung Pole, sowie einerseits auf den Pazifik hinaus, andererseits über Zentralamerika hinweg in Richtung Atlantik.

In der Folge stellt sich ein starker westlicher Höhenwind über dem tropischen Nordatlantik ein. Bodennah weht jedoch der Nordost-Passat. Die Windscherung ist daher groß und die entstehenden Tropenstürme erfahren dadurch einen "Gegenwind". Die vertikale Achse der Wolkentürme gerät in Schieflage, schlimmstenfalls zerreißen sie die unterschiedlichen Winde des entstehenden Sturms. Daher sind in El-Niño-Jahren eher weniger Tropenstürme und Hurrikane auf dem Nordatlantik zu erwarten.

Allerdings heißt das nicht, dass sich doch noch ein starker Hurrikan entwickeln kann. Denn nicht überall auf dem Ozean müssen die Bedingungen dafür ungünstig sein.

Ganz anders sieht das im tropischen Ostpazifik aus. Hier steht den Stürmen vor der Westküste Mittelamerikas mehr Energie zur Verfügung. In El-Niño-Jahren entwickeln sich mehr starke Hurrikane auf dem Ostpazifik. Meist ziehen sie jedoch auf das offene Meer hinaus und erreichen damit kein Land.

Was ist ein Atlantik Niño?

El Niño hat im tropischen Atlantik einen kleinen Bruder und eine kleine Schwester. Ähnlich wie ENSO im Pazifik gibt es im Atlantik ein vergleichbares Zirkulationsmuster, das Forschende des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel zusammen mit Kollegen vom Bjerknes Centre for Climate Research (Norwegen) und JAMSTEC (Japan) näher untersucht haben.

Die Karte zeigt die überdurchschnittlich hohen Meeresoberflächentemperaturen im Golf von Guinea direkt vor der Westküste Afrikas.Die Karte zeigt die überdurchschnittlich hohen Meeresoberflächentemperaturen im Golf von Guinea direkt vor der Westküste Afrikas. Diese "ENSO-Region" ist jedoch viel kleiner als die pazifische ENSO-Region. - Bild: NOAA

Diese Luftdruck- und Wasserwippe ist schwächer ausgeprägt und von kürzerer Dauer als die der großen Geschwister El Niño und La Niña, hat jedoch ebenfalls weitreichende Folgen. Denn der Einfluss der Atlantik Niños und Niñas beschränkt sich dabei nicht nur auf den atlantischen Raum, sondern wechselwirkt mit dem Pazifik und dem Indischen Ozean.

Der Normalzustand

Im "Normalzustand" sorgen die Passate (östliche Winde) dafür, dass im Westen des atlantischen Ozeanbeckens warmes Wasser vor allem an den Küsten von Brasilien aufgestaut wird. Im Osten vor der Atlantikküste Afrikas dagegen kann durch das sogenannte Upwelling kaltes Wasser nach oben dringen.

Der an der Küste von Südost nach Nordwest wehende Passat kann das Aufsteigen von kälterem Wasser an der Küste Westafrikas verstärken. Dann gehen die Meerestemperaturen auf unter 25 Grad zurück.

Atlantik Niño

Die wohl am häufigsten beschriebene Ursache für die Warmwasseranomalien im Atlantik sind abgeschwächte äquatoriale Ostwinde im Westatlantik. Lassen die Passate in ihrer Stärke nach, lösen diese quasi eine Warmwasserwelle aus, die ähnlich wie bei El Niño im Pazifik im Atlantik von West nach Ost wandert. Dadurch verringert sich das Upwelling an der Westküste Afrikas.

Die innertropische Konvergenzzone beeinflusst die Meeresoberflächentemperatur ebenfalls. Je mehr es regnet, desto mehr kühlt das Wasser ab. Das dazugehörige Regenband wiederum lässt die Lufttemperaturen zurückgehen. Wenn diese Temperaturen nahezu den ganzen Sommer relativ niedrig bleiben, dann schwächt dies die Passatwinde im Atlantik.

Wegen des geringen Antriebs durch die schwachen Passate schläft nachfolgend der östliche Teil der Walker-Zelle im Pazifik ein. Im pazifischen Ozean sind nun die Passate ebenfalls schwächer ausgeprägt und treiben das kalte oberflächennahe Wasser kaum westwärts. Der tropische Pazifik erwärmt sich dadurch, El Niño ist dann im Gange.

Das Nachlassen der Passate kann etwa durch eine Abschwächung des südatlantischen Hochdruckgebiets ausgelöst werden.

Der atlantische Niño stört häufig den westafrikanischen Sommermonsun, was zu geringeren Niederschlägen in der Sahelzone führt. Zudem wird er mit häufigeren Überschwemmungen im Nordosten Südamerikas und in den westafrikanischen Subsahel-Ländern, die an den Golf von Guinea grenzen, in Verbindung gebracht.

Quellen und Studien:

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