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Die Zentralheizung Europas - Golfstrom

Golfstrom

Die Zentralheizung Europas

Verlauf des Golfstrom von der Karibik bis zum Atlantik (Infografik)
Inhalt

Der Golfstrom gilt als die Zentralheizung Europas. Ohne ihn wäre es in großen Teilen Europas viel kälter und trockener als im gegenwärtigen Klimamittel.

Was ist der Golfstrom?

Der Golfstrom ist eine der größten und schnellsten Meeresströmungen unseres Planeten und er ist besonders warm. Der Golfstrom führt Wasser vom Golf von Mexiko entlang der US-Ostküste über den Atlantik Richtung Europa und dann über den Nordatlantik bis in den arktischen Ozean. Der mächtige Strom versorgt große Teile Europas mit gigantischen Mengen an Wärmeenergie. Ohne ihn wäre es dort im Schnitt fünf bis zehn Grad kälter.

Video: Was ist der Golfstrom?

Wie funktioniert der Golfstrom?

Der Golfstrom ist in ein komplexes System von Meeresströmungen eingebunden. Er beginnt im Atlantik westlich des afrikanischen Kontinents, fließt weiter zum Golf von Mexiko und tankt dort viel Wärme auf. Dann vereinigt er sich mit dem Florida- und dem Bahamasstrom und gemeinsam bilden diese Strömungen den eigentlichen Golfstrom, benannt nach dem Golf von Mexiko.

Schon gewusst?

Ohne unsere "Zentralheizung" wäre das Klima Mitteleuropas vergleichbar mit dem von Kanada. Die Elbmündung und die Nordsee wären monatelang vereist, ähnlich wie beispielsweise die Hudson Bay in Kanada, die auf demselben Breitengrad liegt.

Verlauf des Golfstroms

Der Verlauf des Golfstroms und seinen Teilströmungen (Infografik)Der Golfstrom ist Teil eines komplexen Systems von Meeresströmungen. Tiefen- und Oberflächenströmungen treiben ihn an.

Entlang der Küste Nordamerikas fließt der Warmwasserstrom nach Norden. Bei North Carolina, am Cape Hatteras, biegt er nach Nordosten ab. Von da an ist der Golfstrom statt 100 bis 200 Kilometer nur noch rund 50 Kilometer breit und transportiert mit einer Fließgeschwindigkeit von rund zwei Metern pro Sekunde bis zu 100 Millionen Kubikmeter Wasser pro Sekunde in Richtung Europa.

Vor Europa spaltet sich der mächtige Meeresstrom wieder in drei Stromsysteme auf: Ein Teil des Golfstroms verläuft nach Süden in die Sargassosee östlich von Florida, ein anderer geht nach Osten in den Kanarenstrom über und der dritte fließt weiter nach Nordwesteuropa als Nordatlantischer Strom.

Hier taucht der Golfstrom unter

Auf dem Weg Richtung Arktis kühlt sich das Wasser des Nordatlantikstroms immer mehr ab. Auch ist es durch die Verdunstung salzreicher geworden. Dadurch und infolge der Abkühlung wird das Wasser dichter und somit schwerer. Daher sinkt es im Nordatlantik ab und wird in der Tiefsee wieder zurück in den Südatlantik geführt.

Sogwirkung des Golfstroms

Die Temperaturen des Golfstroms sind farblich gekennzeichnetDie rote Farbe markiert die hohen Temperaturen des Meerwassers, das der Golfstrom von der Karibik nach Nordosten befördert. Das Wasser ist 25 bis 30 Grad warm. Weiter im Norden ist der Atlantik deutlich kälter. - Bild: Nasa/ University of Miami (Bob Evans, Peter Minnett und Co.)

Zwischen Spitzbergen und Grönland bildet sich der größte Wasserfall der Erde. In 15 Kilometer breiten Säulen, sogenannten Chimneys, stürzen regelrecht 17 Millionen Kubikmeter Wasser pro Sekunde bis zu 4000 Meter in die Tiefe. Das ist 15-mal so viel Wasser, wie das aller Flüsse der Welt zusammen.

Der gigantische Wasserfall löst eine Sogwirkung aus, die den Golfstrom überhaupt erst in Richtung Europa zieht. Dies ist die wichtigste Funktion des Nordatlantischen Stroms: Es ist das globale Förderband, das die Tiefseeströmungen in Bewegung hält.

Klimawandel und Golfstrom

Hohe Wellen bei Sturm auf den AzorenStürme auf dem Atlantik werden bei einem schwachen Golfstrom wahrscheinlich seltener.

Schon länger befürchten Wissenschaftler, dass sich der Golfstrom aufgrund des Klimawandels abschwächt. Ein internationales Forscherteam unter Führung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) hat in einer Studie einen "Fingerabdruck" dafür gefunden, dass sich der Golfstrom seit den 1950er Jahren um etwa 15 Prozent verlangsamt hat. Die Wissenschaftler hatten die Messdaten der Meeresoberflächentemperatur ausgewertet und diese mit Computersimulationen verglichen.

Der Zusammenhang ist so zu verstehen: Mit der globalen Erwärmung, mehr Regenfällen und Schmelzwasser aus dem arktischen Eis wird das Wasser des Nordatlantiks verdünnt. Damit sinkt sein Salzgehalt. Weniger salzhaltiges Wasser ist jedoch weniger dicht und damit auch weniger schwer. Somit dauert es länger bis das Wasser von der Oberfläche in die Tiefe sinkt.

Das Wasser des nordatlantischen Stromes ist für ein schnelles Absinken nicht mehr schwer genug, sodass sich auch die Sogwirkung verringert. Dadurch verlangsamt sich die Strömungsgeschwindigkeit des gesamten Golfstrom-Systems und schlimmstenfalls kann die warme Meeresströmung sogar ganz zum Erliegen kommen.

Doch bislang gehen Klimaexperten davon aus, dass die Klimaerwärmung diesen Effekt wohl ausgleichen wird. Zudem sind Temperaturschwankungen der Strömungen im West- und Ostatlantik nicht ungewöhnlich. Auch in früheren Jahren war der Nordatlantik immer mal wieder kälter als im Durchschnitt. Daher geht man eher davon aus, dass der Golfstrom schwächelt und nicht versiegt.

Allerdings kann ein kalter Nordatlantik Einfluss auf die Tiefdruck-Aktivität nehmen und so auch das Wetter in Europa beeinflussen. Atlantische Tiefs beziehen ihre Energie aus den Temperaturunterschieden zwischen den Tropen und den polaren Breiten.

Gut möglich ist es, dass ein ausgeprägter Kaltwassergürtel durch einen schwächelnden Golfstrom wie ein atmosphärischer Riegel wirkt. Er kann die Bildung starker Tiefdruckgebiete hemmen, sodass weniger Regen bei uns ankommt.

Letzte Eiszeit: Als der Golfstrom zusammenbrach

Eisberge vor NeufundlandDer Golfstrom war im Laufe der letzten 20.000 Jahre mal stärker und mal wieder schwächer als heutzutage. Als er quasi zum Stillstand kam, drifteten Eisberge weit südwärts.

In der letzten Eiszeit und im Übergang zum Holozän vor etwa 11.500 Jahren wurde die Erwärmungsphase durch mehrere, lang andauernde Kälte-Einbrüche unterbrochen, sodass in Mitteleuropa für einige Jahrzehnte kühles Klima herrschte. Höchstwahrscheinlich schwächten sich in der letzten Eiszeit warme Ozeanströmungen wie zum Beispiel der Golfstrom ab oder versiegten ganz. Man spricht hier auch von Heinrich-Ereignissen.

Globale Klimaschwankungen führten dazu, dass der Eisschild auf der Nordhemisphäre bröckelte und schließlich schmolz. Eisberge und Meereis konnten damals weit südwärts driften. Das Meerwasser wurde durch das Schmelzen der Eisberge in den oberen Wasserschichten mit leichterem Süßwasser verdünnt und kühlte nahe der Oberfläche stark ab. Durch diese Vorgänge geriet die nordatlantische Umwälzpumpe noch mehr ins Stocken oder wurde sogar ganz lahmgelegt.

Diese Prozesse wirkten sich stark auf das Klima in Europa und Nordamerika aus. Die Wälder zogen sich zurück und Tundravegetation konnte sich ausbreiten. Klimawissenschaftler vermuten, dass eine gewaltige Schmelzwasserflut in der letzten Eiszeit den wärmenden Nordatlantikstrom stilllegte. Auf der Nordhalbkugel fingen große Flächen wieder an zu vereisen. Wiederholte eiszeitliche Wechsel von kalten zu warmen Klimaphasen, die häufig mit abrupten Schwankungen einhergehen, bezeichnet man auch als Dansgaard-Oeschger-Ereignisse.

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